Es müssen nicht immer nur Karotten, Radieschen Tomaten, Gurken und Salat sein, die wir auf unsere Gartenbeete säen oder pflanzen. Es gibt eine ganze Menge Überraschungsgemüse in den Samentüten. Man muss nur mutig genug sein, etwas Neues auszuprobieren. Sollte es dann nicht schmecken, kann man sich ja in der nächsten Saison auf etwas anderes verlegen.
Wer keinen eigenen Garten hat, für den gilt, dass er einmal in seinem Leben etwas ganz Neues wagen soll. Vielleicht war jemand noch nie am Meer? Das ist für mich jedes Mal wieder ein großes Erlebnis: Ganz weit hinausschwimmen und sich dann von den Wellen schaukeln lassen. Feststellen, dass die Erde wirklich eine Kugel ist. Oder hast du noch nie in einer Hängematte geschaukelt? Auch das ist etwas Besonderes. Neue Freunde gewinnen etwa beim Kreistanzen oder beim Minigolfspielen? Der Nachbarin einen Kuchen backen und sie damit überraschen? Ideen gibt es genug, um Neues zu pflanzen. Man muss sich nur Zeit nehmen, um sich etwas auszudenken.
Die Gartenmelde
Aber zurück zu den Gartenbesitzern. Vor ein paar Jahren lernte ich in einem Vorgarten eine riesige Staude kennen. Sie hatte rote Blätter und sehr hübsche Blütenstände. Davon pflückte ich mir welche und säte sie im nächsten Frühjahr in einer Ecke meines Gartens aus. Auch bei mir wuchs im Laufe des Sommers eine große, krautige Staude, eine rote Gartenmelde. Wir konnten viele Blätter davon ernten. Die zarteren wanderten in den Salat, die größeren wurden zu Spinat verarbeitet. Wenn man die Pflanze wachsen lässt, wird sie über zwei Meter hoch und bildet Blütenstände mit unzähligen flachrunden Samen aus. Die Blätter werden mit zunehmender Höhe immer kleiner. Wenn man die Pflanze nach etwa 20 cm Höhe kappt, wächst sie buschig und die Blätter bleiben geschmackvoller und größer. Die Melde ist eine sehr alte Gemüsesorte. Schon Kaiser Karl der Große hat seinen Bauern in „Capitulare de Villis“ befohlen, diese Pflanze zu kultivieren. Ein alter Name ist Schießmelde, was lediglich bedeutet, dass sie in die Höhe schießt. Die Gartenmelde enthält Vitamine der B-Gruppe und Vitamin C, Niacin, Kalium, Eisen und Magnesium. Der hohe Gehalt an Saponin macht sie für die Volksmedizin interessant. Saponine senken den Cholesterinspiegel, unterdrücken Mikroorganismen, hemmen Entzündungen und können Krebs abwehren.
Die Pastinake
Eine weitere Pflanze, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist, ist die Pastinake. Ich habe diesen Winter Exemplare mit 35 cm Länge ausgegraben. Sie ist mit der Petersilie verwandt und heißt auch Hammelmöhre, Mohrrübe, Hirschmöhre oder Welsche Petersilie. Wild kommt sie in ganz Europa und in Teilen von Asien vor. Bis ins 18. Jahrhundert bildete die kultivierte Form ein Grundnahrungsmittel, das durch Kartoffeln und Karotten verdrängt wurde. Dadurch geriet sie bei uns in Vergessenheit. In Großbritannien und in den USA gilt sie als typisches Weihnachtsgemüse. Zurzeit erlebt die Pastinake eine Wiedergeburt und wird wieder häufiger angebaut.
Der Anbau im Garten ist so einfach wie jener der Karotten. Gesät wird im März bis April in Direktsaat bei einem Reihenabstand von ca. 30 cm. In der Reihe vereinzelt wird dann auf einen Abstand von etwa 10 cm. Vor der Aussaat wird etwas reifer Kompost in den Boden eingearbeitet. Nur wenig düngen, da die Pflanzen sonst zu viele Blätter entwickeln. Idealerweise werden sie bei einer Wurzellänge von etwa 20 cm geerntet. Je nach Belieben können sie aber auch schon früher herausgeholt werden. Sie sind dann zarter. Sie können aber auch bis zu einem Kilogramm wiegen, wenn man sie lange genug im Boden lässt. Zu große Rüben sind meistens holzig. Krankheiten und Schädlinge treten selten auf. Das Saatgut verliert schnell seine Keimfähigkeit, darum jedes Jahr neues besorgen.
Der zarte, nussartige Geschmack der gelblich-weißen Wurzel liegt etwa zwischen Karotte und Sellerie. Es sind vor allem die ätherischen Öle, die das eigentümliche Aroma erzeugen. Der Geschmack entwickelt sich erst so richtig nach dem ersten Frost, da die Kälte die Stärke in Zucker umwandelt. Pastinaken können den Winter über auf den Beeten bleiben. Deckt man sie mit Laub ab, kann – wenn kein Schnee liegt – immer frisch geerntet werden. Im Sand und im kühlen Keller können sie bis zu fünf Monate lang gelagert werden.
Die Pastinake ist sehr bekömmlich, nitrat- und allergenarm. Durch ihre Süße ist sie ein ideales Baby- und Kindernährmittel. Der Brei kann leicht selber hergestellt werden, wird aber auch schon im Handel angeboten. Die leicht verdaulichen Kohlenhydrate und die ätherischen Öle helfen ähnlich wie das Kümmelöl bei der Verdauung. Wegen ihrer wertvollen Inhaltsstoffe wird sie auch als Heilmittel angepriesen und zwar bei Magen-Darmbeschwerden und als harntreibend. Die Pastinake ist ein wertvoller Ballaststofflieferant, besonders in Form von Pektinen, die den Cholesterinspiegel senken können. Eine nennenswerte Menge an Eisen, Kalzium, Kalium und Magnesium sowie Vitamin C, Beta-Carotin, Folsäure und einige Vitamine der B-Gruppe machen sie zu einem sehr nährstoffreichen Wintergemüse, das viel öfter auf den Tisch kommen sollte.
Der Federkohl
Kaum ein anderes Gemüse bringt im Winter so viele Vitamine auf den Tisch wie der Federkohl. Nach dem ersten Frost schmeckt er – direkt aus dem Garten – am besten. Durch den Frost nimmt der Zuckergehalt in der Pflanze zu und der herbe Kohlgeschmack ab. Die Pflanze ist denkbar einfach zu ziehen. Ende Mai wird gesät, Direktsaat ist möglich, vereinzeln auf 40 cm Abstand. Es genügen einige Pflanzen. Auch der Federkohl kann den ganzen Winter auf dem Beet stehen bleiben. An frostfreien Tagen kann laufend geerntet werden. Man pflückt die Blätter dabei von außen nach innen. Und im zeitigen Frühling hat man bereits wieder zartes Grün bis in den April. Dann wächst die Pflanze aus. Achtung: Auch das Wild liebt dieses Gemüse im Winter sehr. Ich habe schon einen Hasen beobachtet, wie er genüsslich von meinem Federkohl naschte. Mein Lieblingsgericht mit Federkohl ist ganz einfach: Salzkartoffeln zubereiten, Federkohl hineinschneiden, beides zusammen weichkochen, zum Schluss etwas Sauerrahm dazugeben und alles zerstampfen. Auch in winterlichen WOKs macht sich Federkohl sehr gut.
Es gäbe noch viele alte, wenig bekannte Gemüsesorten zu beschreiben. Beginne die Gartenexperimente einmal mit diesen drei Gemüsepflanzen. Ich wünsche gutes Gelingen und einen guten Appetit!
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