Zöliakie ist eine Erkrankung wie ein Chamäleon. Ihre Symptome sind sehr vielseitig. Die Dunkelziffer ist groß. Etwa jeder hundertste ist davon betroffen. Bis die richtige Diagnose gestellt wird, können mitunter Jahre vergehen. Wird die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt, kommt es zu einer hochgradigen Unterernährung mit vielen Folgeerkrankungen wie Osteoporose, Blutarmut, Defekte am Zahnschmelz, Muskelkrämpfe, Beinödeme und sogar Krebs.
Definition
Zöliakie ist eine chronische Krankheit. Sie bricht aus nach der Zufuhr der krankmachenden Substanz Gliadin oder Gluten, wie es nicht ganz richtig bezeichnet wird. Gluten ist natürlich nur dann krankmachend, wenn eine Unverträglichkeit vorliegt. Mit dem Fachausdruck heißt die Krankheit „Glutensensitive Enteropathie“. Bei Erwachsenen spricht man auch von „Einheimischer Sprue“. Ausgelöst wird sie durch mehlhaltige Speisen. Ganz bestimmte Eiweißarten aus Weizen, Roggen, Triticale, Gerste, Hafer, Dinkel, Grünkern, Einkorn, Emmer und Kamut führen zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut, genannt Zottenatrophie.
Die Oberfläche des Dünndarmes wird durch Zotten und Krypten sehr stark vergrößert, damit es zu einem innigen Kontakt mit dem Speisebrei kommen kann. Dadurch können die Nährstoffe optimal aufgenommen werden. Bei Patienten mit Zöliakie finden sich bei der innersten Auskleidung der Darmwand falsch zusammengesetzte Eiweißkörper. An diese wird Gliadin, eine Eiweißart aus den Getreidesorten festgebunden. Das wirkt entweder direkt schädigend oder es führt zu einer Abwehrreaktion gegen die gliadinführenden Körperzellen mit nachfolgender Schädigung der Darmschleimhaut. Die Zotten bilden sich stark zurück, die Aufnahmefläche für die Nährstoffe wird dadurch viel kleiner.
Die Getreideeiweiße verlieren ihre krankmachenden Eigenschaften weder durch das Kochen noch durch die enzymatische Aufspaltung im Magen-Darm-Trakt. Genetische Voraussetzungen begünstigen die Entstehung der Krankheit. Die weiße Rasse erkrankt bevorzugt und die Häufigkeit ist auch in Europa von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland hat eine Studie eine Häufigkeit von 0,3% gefunden.1)Mustalahti K, et. al. The prevalence of celiac disease in Europe: results of a centralized, international mass screening project. Ann Med. 2010 Dec;42(8):587-95. DOI: 10.3109/07853890.2010.505931 In Japan und Schwarzafrika kommt sie fast nicht vor.
Krankheitsbild
Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten. Man findet zwei deutliche Gipfel. Der eine liegt im späten Säuglings- und frühen Kleinkindalter vor, der andere zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Mädchen und Frauen sind häufiger betroffen. Beim Kleinkind findet man die Diagnose schneller als beim Erwachsenen, denn die krankmachenden Eiweißarten werden meist zwischen dem 4. und 6. Lebensmonat in die Ernährung eingeführt in Form von Getreidebreien, Keksen, Zwieback und Brot.
Im Falle einer Unverträglichkeit werden die Symptome nach einigen Wochen oder erst Monaten sichtbar. Das Kleinkind gedeiht nicht mehr, eine Gewichtzunahme bleibt aus. Oft verlernt es schon Erworbenes. Die mageren Ärmchen und Beinchen und die fehlenden Gesäßbacken stehen im auffallenden Gegensatz zum teigigen, aufgedunsenen Bauch. Die Stühle sind breiig, massig und übelriechend. Das Gesicht bleibt lange Zeit rund. Die Hautfarbe ist blass.
Was ist passiert? Die Darmzotten sind weitgehend verschwunden. Die Größe der Oberfläche eines gesunden Darmes könnte man mit einem Tennisplatz vergleichen, die eines Patienten mit Zöliakie, die nicht durch Diät behandelt wird, mit einem Tischtennistisch. Dadurch kommt es zu schweren Mangelerscheinungen weil die Nährstoffe wie Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe nicht in der nötigen Menge aufgenommen werden können.
Die Diagnostik beim Erwachsenen ist schwieriger. Oft irrt er von einer Untersuchung zur anderen, wird auf verschiedenste Krankheiten behandelt wie etwa Lactoseintoleranz, Osteoporose oder Anämie. Das typische Lehrbuchbild der Krankheit stellt sich meist erst in einem späten Stadium ein. Man kennt auch die stumme Zöliakie, bei der ein symptomfreier Verlauf vorliegt und trotzdem eine Schleimhautveränderung vorliegt.
Diagnose
Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist die direkte Untersuchung der Darmschleimhaut. Früher wurde eine kleine Metallkapsel, die an einem dünnen Schlauch befestigt ist, verschluckt um eine Gewebeprobe aus dem Darm zu entnehmen. Heute verwendet man eine Endoskopie um das Aussehen des Zwölffingerdams zu beurteilen und 4 bis 8 Gewebeproben zu entnehmen. Durch eine mikroskopische Untersuchung kann festgestellt werden ob eine Schädigung der Schleimhaut vorliegt oder nicht. Immunologische Untersuchungen unterstützen die Diagnose. Im Falle einer Erkrankung werden Antikörper gegen Gluten im Blutserum gefunden. Auch andere Mangelzustände im Blut können nachgewiesen werden wie etwa Eisen-, Hämoglobin-, Vitamin- und Mineralstoffmangel. Die Diagnose Zöliakie ist dann die Summe aller Informationen.
Behandlung
Grundsätzlich besteht die Behandlung darin, die als schädlich erkannte Substanz zu meiden und zwar leider lebenslang. Unter einer glutenfreien Ernährung erholt sich die Dünndarmschleimhaut nach und nach und ist dann nicht mehr von einer gesunden zu unterscheiden. Bei Erwachsenen kann die Erholung jedoch viel länger dauern als bei Kindern, bei denen die Zellerneuerungsrate wesentlich höher ist.
Schwierig ist es, jegliche mit Gluten belastete Nahrungsmittel zu meiden. Daher haben sich in vielen Ländern Arbeitskreise gebildet, die in mühevoller Kleinarbeit die genaue Rezeptur vieler Produkte bei den Herstellern erfragt haben. In dicken Handbüchern mit vielen Lebensmittellisten werden die Ergebnisse zusammengefasst und laufend ergänzt, geht es doch darum auch winzigste Spuren von Gluten zu meiden.
Es gibt glutenfreien Hafer auf dem Markt, welcher frei von Gliadinverunreinigungen ist. Er enthält aber Avenin, welche in manchen Fällen ebenfalls eine allergische Reaktion verursachen kann. Will man auf Hafer nicht verzichten, dann sollte nach dreimonatiger Verwendung eine erneute Biopsie gemacht werden. Im Zweifelsfalle ist es besser, auch auf glutenfreien Hafer zu verzichten.2)Oats and the gluten free diet. Coeliac Australia
Im Handel werden glutenfreie Produkte speziell gekennzeichnet mit einer durchgestrichenen Getreideähre. Nur die Zutatenliste eines Fertigproduktes zu studieren führt nicht zum Ziel, denn eine zusammengesetzte Zutat muss nicht deklariert werden, wenn davon weniger als 25% im Endprodukt enthalten ist. Weizengluten kann Produkten auch aus technologischen Gründen zugesetzt werden, etwa als Verarbeitungshilfsmittel oder als Trägerstoff.
Arbeitsgemeinschaft Zöliakie
Wird im Krankenhaus die Diagnose Zöliakie festgestellt, wird auf Wunsch der Kontakt zu den Arbeitskreisen hergestellt. Der Betroffene bekommt ein Handbuch mit einer genauen Beschreibung des Krankheitsbildes und mit vielen praktischen Tipps zum selber kochen mit glutenfreien Produkten. Auch eine Liste von Gasthöfen, Hotels und Kurheimen, die bei Bedarf glutenfrei kochen, liegt bei. Es gibt ebenfalls viele Tipps für den Umgang mit den Behörden, denn eine glutenfreie Ernährung ist teuer und aufwändig. Darum gibt es in vielen Ländern erhöhte Familienbeihilfen und Steuerfreibeträge.
Ich habe Zöliakie – und was hast du?
Menschen mit Zöliakie sind bei einer glutenfreien Ernährung als gesund und in jeder Hinsicht als völlig normal anzusehen. Natürlich kommt es, besonders bei Kindern, die doch so gerne essen würden, was andere Kinder auch essen, mitunter zu Kümmernissen. Warum kann es nicht auch nach Herzenslust in einen verlockenden Faschingskrapfen beißen? Warum muss es immer seine speziellen Ess-Sachen mitnehmen auf eine Geburtstagsfeier? Eine Bagatelle ist die Diagnose Zöliakie für ein Kind und seine Eltern sicher nicht. Eltern, Großeltern, Bekannte und Freunde dürfen das arme Kind nicht dauernd bedauern, sondern müssen ihm Mut machen, ihm zeigen, dass Zöliakie zwar mitunter eine unangenehme Sache, jedoch keine Katastrophe ist.
Kontakte
Deutsche Zöliakie Ges. e. V.
http://www.dzg-online.de/
Schweizerische Interessengemeinschaft für Zöliakie
http://www.zoeliakie.ch/
Österreichische Arbeitsgemeinschaft Zöliakie
https://www.zoeliakie.or.at/
Rezepte
Reiskuchen
Zutaten
- ⅔ Tasse Vollkornreis
- ⅔ Tasse Orangensaft (4 große Orangen auspressen)
- ⅓ Tasse Honig
- 1 Esslöffel Trockenhefe
Anleitungen
- ⅔ Tasse braunen Reis 12 Stunden lang quellen lassen. Ergibt etwa 1 Tasse gequellten Reis.
- Die Zutaten einige Minuten lang im Mixer mixen.
- Eine Form mit Öl einfetten, den Teig einfüllen und je nach Klima 40 Minuten bis 1 Stunde gehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat.
- Bei mittlerer Hitze etwa 1 Stunde backen.
Palatschinke mit Kichererbsenmehl
Zutaten
- 1 Banane
- 1 Tasse Kichererbsenmehl
- 2 Esslöffel Tapiokastärke süss
- 1 Esslöffel Honig
- ½ Teelöffel Salz
Anleitungen
- Alle Zutaten mit 1 Tasse Wasser mixen.
- Die richtige Menge in die Pfanne geben und mit einer Spatel verteilen.
- Die Palatschinke braten bis die Unterseite goldbraun wird und sich Blasen bilden. Die Palatschinke mit Hilfe der Spatel lösen, um sie umzudrehen.
- Die andere Seite bräunen lassen.
- Die bevorzugte Füllung verwenden und noch heiß servieren.
Maisbrot
Zutaten
- 2 Tassen Maismehl
- 1 Tasse Tapiokastärke süss
- 4 Esslöffel Olivenöl
- 1 Esslöffel Honig oder Rohrzucker
- 1 Esslöffel Trockenhefe
- ½ Teelöffel Salz
- Sonnenblumenkerne zum dekorieren
Anleitungen
- Alle trockenen Zutaten mischen.
- Nach und nach 1 Tasse lauwarmes Wasser hinzufügen und rühren, bis ein dünnflüssiger und homogener Teig entsteht.
- Den Teig in eine gefettete Form leeren.
- Etwa 1 Stunde gehen lassen oder bis sich das Volumen verdoppelt hat.
- Backofen vorheizen und bei mittlerer Hitze etwa 1 Stunde backen.
- Einige Minuten abkühlen lassen und aus der Form nehmen, damit das Brot nicht schwitzt.
- Zum Abkühlen in ein Tuch wickeln.
Notizen
Rezepte mit Hafer
Wie bereits erwähnt, können einige mit Zöliakie nicht einmal glutenfreien Hafer verwenden. Wer wie oben beschrieben einen Verträglichkeitstest gemacht hat, kann von den folgenden Rezepten mit Verwendung von glutenfreien Hafer Gebrauch machen.
Haferbrot
Zutaten
- 2 Tassen Hafermehl
- 1 Tasse Tapiokastärke süss
- 4 Esslöffel Olivenöl
- 1 Esslöffel Honig oder Rohrzucker
- 1 Esslöffel Trockenhefe
- ½ Teelöffel Salz
- Sonnenblumenkerne zum dekorieren
Anleitungen
- Alle trockenen Zutaten mischen.
- Nach und nach 1 Tasse lauwarmes Wasser hinzufügen und rühren, bis ein dünnflüssiger und homogener Teig entsteht.
- Den Teig in eine gefettete Form leeren.
- Etwa 1 Stunde gehen lassen oder bis sich das Volumen verdoppelt hat.
- Backofen vorheizen und bei mittlerer Hitze etwa 1 Stunde backen.
- Einige Minuten abkühlen lassen und aus der Form nehmen, damit das Brot nicht schwitzt.
- Zum Abkühlen in ein Tuch wickeln.
Notizen
Hafer-Erdnusskekse
Zutaten
- 3 Tassen Haferflocken
- 1 Tasse geröstete Erdnüsse
- 1/3 Tasse Honig
- 1 Prise Salz
Anleitungen
- Die Erdnüsse in einem Mixer mit etwas Wasser zu einer Creme mixen.
- In eine Schüssel geben und die restlichen Zutaten dazugeben, gut vermischen.
- Die Kekse im gewünschten Format formen.
- Bei mäßiger Hitze goldbraun backen.
Kokosnuss-Reisbrot
Zutaten
- 1 Tasse Kokosmehl
- 1 Tasse Vollreismehl
- 1 Tasse feine Haferflocken
- 1/2 Tasse Kokosflocken
- 1 Esslöffel Trockenhefe
- 1 Teelöffel Salz
Anleitungen
- Die Mehle gut mit der Hefe vermischen.
- Das Salz hinzufügen und erneut mischen.
- Die Haferflocken dazugeben und erneut mischen.
- 1½ Tassen Wasser hinzufügen und erneut mischen, bis eine sehr homogene Masse entsteht.
- Den Teig in eine Form geben.
- 1 Stunde bei 200 °C backen.
- Das Backrohr ausschalten und abkühlen lassen.
Notizen
Haferpizza
Zutaten
- 3 Tassen feine Haferflocken
- 1 gehackte Zwiebel
- 2 Knoblauchzehen
- 2 Tomaten in Würfel geschnitten
- 6 gehackte Oliven
- 1 Teelöffel Salz
- Oregano und Petersil
- Sesam und Sonnenblumenkerne zur Dekoration
Anleitungen
- Alle Zutaten in eine Schüssel geben und alles mischen. Wasser hinzufügen, bis ein Teig entsteht.
- Den Teig auf das Pizzablech verteilen.
- Mit Oregano, Sesam und Sonnenblumen dekorieren. Optionell mit veganem Käse belegen.
- Bei mittlerer Hitze goldbraun backen.
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Esther Neumann studierte Ernährungswissenschaften auf der Universität Wien. Seitdem schrieb sie für viele Jahre für das Gesundheitsmagazin „Leben und Gesundheit“, und führte Gesundheitsvorträge in vielen Orten Österreichs durch.
Referenzen
↑1 | Mustalahti K, et. al. The prevalence of celiac disease in Europe: results of a centralized, international mass screening project. Ann Med. 2010 Dec;42(8):587-95. DOI: 10.3109/07853890.2010.505931 |
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↑2 | Oats and the gluten free diet. Coeliac Australia |
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